Solarwind
Sind Solardeckel und pauschaler Windrad-Abstand wirklich Geschichte? Wer das bisherige Hin und Her erlebt hat, glaubt es erst, wenn das Gesetz durch ist. (Foto: Greens MPs/​Flickr)

Nun muss das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe wohl doch nicht über den Eilantrag der Photovoltaikbranche gegen den Solardeckel entscheiden. Denn die Aufhebung der 52.000-Megawatt-Obergrenze ist – zusammen mit der Länderöffnungsklausel für Mindestabstände bei der Windkraft – vermutlich die erste Maßnahme aus dem Konjunkturpaket der Bundesregierung, die umgesetzt wird.

Zu den dafür notwendigen Änderungen am Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) soll bereits am kommenden Montagnachmittag eine Anhörung im Wirtschaftsausschuss des Bundestages stattfinden. Um den gesetzgeberischen Prozess zu beschleunigen, ist die EEG-Vorlage an das bereits im parlamentarischen Verfahren befindliche Gebäudeenergiegesetz "angehängt" worden.

Dem Ausschuss liegen offiziell sogar mehrere Vorlagen zur Anhörung vor – neben dem Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Vereinheitlichung des Energieeinsparrechts für Gebäude auch ein Gesetzentwurf der Grünen-Fraktion zur Änderung des EEG.

Die oppositionellen Grünen hatten ihren Entwurf schon im Februar in den Bundestag eingebracht – eben mit dem Zweck, den Solardeckel aufzuheben. In der Vorlage beklagen die Grünen, dass die Bundesregierung die Streichung des Deckels bereits im Oktober vergangenen Jahres in ihrem Klimaschutzprogramm 2030 angekündigt hatte.

Zudem liege dem Bundestag seit November 2019 ein mit dem Grünen-Entwurf wortgleicher Gesetzestext des Bundesrates vor. Die Regierungsfraktionen hätten aber eine Befassung mit all diesen Anträgen bisher verweigert.

Nun soll umso stärker auf die Tube gedrückt werden. Nach der Anhörung sollen die beiden noch ausstehenden Lesungen im Bundestag schon Ende nächster Woche abgeschlossen sein. Der Bundesrat könnte dann auf seiner nächsten regulären Sitzung Anfang Juli das Aus für den Solardeckel und die Windkraftabstände endgültig beschließen.

"Ein Riesengesetzespaket"

Alle Konjunktur-Maßnahmen in die Praxis umzusetzen wird vermutlich bis in den Herbst dauern. Eine sechsseitige, Klimareporter° vorliegende Analyse kommt zum Schluss, dass für etwa 25 der 57 Vorhaben aus dem Konjunkturpaket Änderungen bestehender Gesetze nötig sind – und diese sind zu einem erheblichen Teil im Bundesrat zustimmungspflichtig. Das gibt den Ländern jede Menge Einflussmöglichkeiten.

SPD-Fraktionsvize Matthias Miersch bestätigte am heutigen Dienstag die zeitliche Vorschau bis in den Herbst: "Aus dem Konjunkturpaket muss jetzt ein Riesengesetzespaket, einschließlich eines Nachtragshaushalts, entwickelt werden. Dazu kommen beihilferechtliche Prüfungen seitens der EU. Die konkreten Fahrpläne dafür werden gerade erstellt."

Gravierende Änderungen am Konjunkturpaket – vor allem die Forderung, doch noch eine Kaufprämie für Diesel- und Benzin-Pkw zu zahlen – lehnt Miersch kategorisch ab. "Das wird nach meiner Einschätzung kein Thema mehr sein."

Für den Sozialdemokraten geht es in den kommenden Wochen vor allem darum, dass das Konjunkturpaket "zügig umgesetzt und nicht verwässert" wird. Auch die Verlängerung der Mehrwertsteuersenkung über das Jahr 2020 hinaus hält Miersch für unwahrscheinlich, da ja gerade die Befristung den Impuls geben solle.

Bündnis für öko-soziale Korrekturen

Dennoch reißen die Forderungen, das Konjunkturpaket nachzubessern, nicht ab. Am Dienstag appellierte ein Bündnis aus Umwelt- und Sozialverbänden, Gewerkschaften und Kirchen an die Bundesregierung, bei den Maßnahmen mehr für Gesundheit, Soziales und Klimaschutz zu tun.

Das Bündnis sieht die einfache Absenkung der Mehrwertsteuer als problematisch an, weil Wohlhabende davon stärker als Ärmere profitierten. Auch für den Umwelt- und Klimaschutz bringe eine ermäßigte Steuer nichts. Christiane Averbeck von der Klima-Allianz sprach sich zudem dafür aus, nur dann Hilfen an Unternehmen zu vergeben, wenn diese sich im Gegenzug verpflichten, spätestens 2050 klimaneutral zu wirtschaften.

Averbeck hob lobend hervor, dass das Konjunkturpaket "erstmals einen breiteren Blick auf die Mobilitätswende" erkennen lasse. Damit aber die Förderung der Elektromobilität nicht ihr Ziel verfehlt, sollte ihrer Ansicht nach die Zahlung der Kaufprämie für Plug-in-Hybride von der tatsächlichen Nutzung des Elektroantriebs abhängig gemacht werden.

Die Lösung dieses Problems wird zwar im Konjunkturpaket versprochen. Wie bei Plug-in-Hybriden der reale Anteil des Fahrens unter Strom festgestellt und dann in der Förderung berücksichtigt werden kann, ist allerdings eine der vielen noch offenen Fragen.