Solarstromanlage auf einem Fabrikdach in Kenia: Erneuerbare Energien sollten in Afrika nicht nur produziert, sondern auch verbraucht werden. (Bild: Sebastian Nöthlichs/​Shutterstock)

"Stop EACOP" ist in rot-gelben Schriftzügen auf Plakaten zu lesen, die bei Protesten am Rande des Afrika-Klimagipfels in Nairobi gezeigt werden. EACOP steht für East African Crude Oil Pipeline und ist zu einem Symbol des Widerstands vor allem junger afrikanischer Klimaaktivist:innen gegen neuen fossilen Extraktivismus geworden.

In Uganda und Tansania wird die 1.400 Kilometer lange Rohölpipeline EACOP gerade gebaut, finanziert von einem Konsortium um den französischen Konzern Total. Es soll die längste beheizte Pipeline der Welt werden.

Auch in der Demokratischen Republik Kongo denkt die Regierung über neue Erdölprojekte nach. Ölvorkommen in Moorgebieten könnten zur Förderung freigegeben werden.

Afrikanische Klimaaktivist:innen wie Vanessa Nakate aus Uganda halten einen Paradigmenwechsel für überfällig und für essenziell im Kampf gegen die Klimakrise. "Die jahrzehntelange Förderung fossiler Brennstoffe auf dem Kontinent hat den 600 Millionen Menschen in Subsahara-Afrika, die ohne grundlegenden Zugang zu Elektrizität sind, nicht geholfen", sagt Nakate. Ihre Schlussfolgerung: "Wir brauchen eine Lösung unter afrikanischer Führung."

Vanessa Nakate gehört der Generation an, die mit der grausamen Realität der Klimakrise aufgewachsen ist und sich dagegen wehrt, dass trotzdem noch neue fossile Großprojekte für den Öl- und Gasexport entstehen – auf Kosten der Menschen, die etwa durch den EACOP-Bau ihr Land verlieren. Eine junge afrikanische Generation, die sich dadurch auch mit repressiven Staatssystemen anlegt.

Erst vor Kurzem sind in Uganda wieder Studierende, die gegen die EACOP protestierten, verhaftet worden. Wenn europäische Unternehmen im Wissen um Menschenrechtsverletzungen fossile Großprojekte vorantreiben, dann ist das ein gelebtes Weiter-so neokolonialer Ausbeutung.

Vorschlag für eine globale CO2-Steuer

In Nairobi fand in dieser Woche der dreitägige Afrika-Klimagipfel statt, auf dem um die klima- und energiepolitische Zukunft des Kontinents und um eine gemeinsame Position gegenüber den krisenverursachenden Ländern gerungen wurde. Ein historischer Schritt für die 54 afrikanischen Staaten, die Delegierte in die kenianische Hauptstadt entsandten.

Nicht nur, weil es der erste Gipfel seiner Art war, sondern auch, weil er ein klares Signal an die Hauptemittenten von Treibhausgasen aussandte: Ohne Afrika ist der Kampf gegen die Klimakrise nicht zu gewinnen – dafür müssen die historischen Verursacher aber auch endlich die nötigen Maßnahmen ergreifen und Verantwortung übernehmen.

Foto: Stefan Kaminski

Kathrin Henneberger

ist Bundes­tags­abgeordnete der Grünen, Mitglied im Ausschuss für Klima und Energie und Obfrau im Entwicklungs­ausschuss. Sie engagiert sich seit vielen Jahren in der Klima­gerechtigkeits­bewegung.

Das Gastgeberland Kenia ist bereits auf dem Weg, bis 2030 seine Energieversorgung ganz auf erneuerbare Quellen umzustellen.

Die Forderungen der afrikanischen Staaten, festgehalten in der "Nairobi-Erklärung", sind eindeutig: Der globale Norden muss endlich seine Versprechen einlösen.

Das beinhaltet neben einem Schuldenerlass vor allem auch, die versprochenen 100 Milliarden Dollar Klimafinanzierung jährlich bereitzustellen und den beim letztjährigen Klimagipfel in Ägypten beschlossenen Fonds zum Ausgleich von Klimaschäden schnell operativ auszugestalten. Die Verhandlungen darüber auf dem nächsten Klimagipfel Ende des Jahres in Dubai werden entscheidend sein.

Für großes öffentliches Interesse sorgt die Forderung nach einer globalen CO2-Steuer, die auch auf den Handel mit CO2-Emissionsrechten sowie im Flug- und Schiffsverkehr erhoben werden soll. Dadurch sollen mehr Mittel für klimafreundliche Investitionen zur Verfügung stehen.

Der Vorstoß wird in den nächsten Monaten bis zum Klimagipfel in Dubai für Debatten sorgen. Hierbei wird es darauf ankommen, dass Industrienationen sich offen für die Vorschläge der Nairobi-Erklärung zeigen.

Kritik gibt es dagegen an dem Vorhaben, Marktinstrumente zu entwickeln, um den Schutz wertvoller Ökosysteme in Wert zu setzen. Ein afrikanisches NGO-Bündnis befürchtet, dass besonders Konzerne aus den Industrieländern dies nutzen könnten, um sich von ihren CO2-Emissionen freizukaufen. Die Nichtregierungsorganisationen fordern stattdessen mehr direkte Investitionen in erneuerbare Energien und Maßnahmen für Klimaresilienz.

Energiesicherheit der Bevölkerung muss Vorrang haben

Investiert werden soll, das macht die Nairobi-Erklärung deutlich, vor allem in erneuerbare Energien. Bisher fließen laut einem UN-Wirtschaftsreport von allen Investitionen in Erneuerbare-Energien-Projekte nur zwei Prozent auf den afrikanischen Kontinent. Bis 2030 sollen sich dort die Kapazitäten nach dem Willen der Staaten versechsfachen.

Die Erklärung ist aber auch ein Signal, neokoloniale Kontinuitäten aufzubrechen. Während der afrikanische Kontinent jahrhundertelang wegen seiner reichen Rohstoffvorkommen ausgebeutet wurde und immer noch wird – zu einem großen Teil für die Energiegewinnung im globalen Norden – ist die Energieversorgung in vielen afrikanischen Ländern immer noch unzureichend.

Deshalb darf der Ausbau der erneuerbaren Energien nicht nur für den Export erfolgen. Gefragt sind Lösungen für eine flächendeckende Energieversorgung der Bevölkerung. Der Aufbau sogenannter Minigrids, dezentraler Energiesysteme, ist dafür eine passende Möglichkeit. Das wird bereits gemacht, es sind aber noch deutlich mehr Anstrengungen notwendig.

Afrika wurde von den sogenannten Industriestaaten, auch und gerade in entwicklungspolitischen Kreisen, zu lange als Opfer dargestellt. Zwar stimmt es, dass Afrika überproportional von der Klimakrise betroffen ist, das heißt aber nicht, dass die Länder des globalen Nordens afrikanischen Ländern vorschreiben sollten, wie sie damit umgehen. Die Lösungen gibt es, sie müssen nur als solche erkannt und unterstützt werden.

Die zivilgesellschaftlichen Kräfte in afrikanischen Ländern müssen endlich anerkannt und ernst genommen werden. So kämpfen Umwelt- und Klimaaktivist:innen seit Jahrzehnten an vielen Fronten. Gegen die fossile Ausbeutung hilft nur das Ende der fossilen Verbrennung und ihrer Finanzierung – und die kommt nach wie vor zu einem großen Teil aus den Ländern, die auch historisch den größten CO2-Fußabdruck haben.

Es ist an der Zeit, dies zu ändern und Verantwortung zu übernehmen. Der Afrika-Klimagipfel und besonders die laute und aktive afrikanische Zivilgesellschaft mit ihrer Forderung nach Klimagerechtigkeit machen doch noch Hoffnung auf die ansonsten wenig hoffnungsstiftende Weltklimakonferenz im Ölemirat Dubai.